Call for Participation: “Mit Neuen Materialismen qualitativ forschen?“ Theorie-Methoden-Workshop mit Cornelia Schadler und Josef Barla
Theorie, Methode und Empirie gehen in qualitativen Forschungen heterogene, komplexe und mitunter spannungsgeladene Verbindungen ein. Qualitativ-methodische Herangehensweisen sind verwoben mit unterschiedlichen theoretischen Traditionen und deren Grundannahmen. Diese beeinflussen die Forschungspraxis, indem sie spezifische Blicke auf die Empirie ermöglichen oder verwerfen (Kalthoff 2008, S. 19). Zugleich kann Empirie Theorien irritieren, sie erweitern oder gar über sie hinausweisen. Vor diesem Hintergrund erfordert die Auswahl qualitativer Methoden immer eine spezifische Plausibilisierung, welche zwischen Theorie und Empirie vermitteln zu vermag.
In empirischen Forschungsprojekten, die mit Theorien der Neuen Materialismen arbeiten, äußert sich das Verhältnis von Theorie, Methode und Empirie als besonders spannungsreich. Theoretische Ansätze feministischer Neuer Materialismen, wie sie unter anderem bei Karen Barad (2007, 2017), Rosi Braidotti (2014, 2020) oder Donna Haraway (1995, 2018) zu finden sind, stehen für eine grundlegende Kritik an repräsentationalistischen Ansätzen, Cartesianischen Dualismen und der Aufforderung, mehr-als-menschliches als Teil des Sozialen zu begreifen. Vor diesem Hintergrund entwickeln sie prozess-ontologische, anti-dualistische, materiell-diskursive und posthumanistische Ansätze. Diese werfen in Bezug auf das Zusammenspiel mit qualitativen Methoden entscheidende Fragen auf: Welche Konsequenzen haben Repräsentationalismuskritik und die anti-dualistischen Grundannahmen neomaterialistischer Theorie für die qualitative Sozialforschung? Inwiefern sind Ansätze der Neuen Materialismen mit dem qualitativen Methodenrepertoire vereinbar? Welches Verständnis von Methode und der Position der Forscher:innen liegt den Theorien zu Grunde?
Von diesen Fragen und den inhärenten Spannungen neomaterialistischer Theorie und qualitativer Methode angetrieben, setzen sich einige Forscher:innen mit der Neubefragung und Verschiebung qualitativer Methoden und Methodologien auseinander. Sie arbeiten mit neomaterialistischen Konzepten (Apparat, Diffraktion, Becoming With etc.) und beleuchten ihre Bedeutung und Anwendung in der qualitativen Sozialforschung (Schadler 2013, 2019; Barla 2021; Kissmann und van Loon 2019).
An diese Ausarbeitungen anknüpfend möchten wir in unserem Workshop der Frage nachgehen, wie neomaterialistische Theorien und qualitative Methoden in der Forschungspraxis zusammengeführt werden können. Dabei folgt der Workshop der Annahme, dass neomaterialistische Ansätze qualitativen Forscher:innen kein neues Regelwerk bereitstellen, sondern selbige auffordern, die Praktiken des qualitativen Forschens im Rahmen ihres Forschungsdesigns zu verschieben und zu erweitern. Vor diesem Hintergrund liegt der Fokus des Workshops auf der konkreten Arbeit am empirischen Material. Zusammen mit den Referent:innen Dr. Cornelia Schadler und Dr. Josef Barla werden wir unterschiedliche Phasen des qualitativen Forschens im Rückgriff auf neomaterialistische Ansätze neubefragen. Der Workshop möchte Räume eröffnen, konkrete Praktiken am eigenen Forschungsmaterial auszuprobieren und einzuüben. Im Zentrum können dabei u.a. folgende Fragen stehen: Wie kann ich Formen der Erhebung durch meine Theorie verändern bzw. an diese anpassen? Wie kann ich in der Analyse meine Daten so befragen, dass es zu meiner Theorie passt? Wie kann meine Theorie Prozesse der Dokumentation und des Schreibens beeinflussen?
Der vormals für März 2023 geplante Workshop musste verschoben werden und findet nun vom 14.09 – 15.09.2023 an der Technischen Universität in Dresden statt. Wir möchten ausdrücklich Doktorand:innen zur Teilnahme an unserem Workshop einladen, es sind aber auch Forscher:innen anderer Qualifikationsstufen herzlich willkommen.
Da die Anzahl der Plätze leider begrenzt ist, möchten wir alle Interessierten bitten, bis zum 30.06.2023 eine kurze Ausführung des Interesses, einen Abstract zum aktuellen Forschungsprojekt (max. 150 Wörter) und ggf. empirisches Material (Protokolle, Interviews etc.), das während des Workshops analysiert werden kann, an folgende Email-Adresse zu senden: ann-kristin.kuehnen@tu-dresden.de. Das Einreichen von empirischen Material ist für die Teilnahme nicht verpflichtend. Der Workshop wird auf Deutsch stattfinden, gerne kann aber auch englischsprachiges Material eingereicht werden. Zögern Sie nicht, sich bei Rückfragen unter derselben Email-Adresse jederzeit an uns zu wenden.
Wir freuen uns auf einen spannenden Workshop!
Ann-Kristin Kühnen & Jun.-Prof. Susann Wagenknecht
Juniorprofessur für Mikrosoziologie und techno-soziale Interaktion Institut für Soziologie, TU Dresden
Den vollständigen Call finden Sie hier.