Gerade ist die Monographie “Experimentalismus und Soziologie. Von der Krisen- zur Erfahrungswissenschaft.” von Tanja Bogusz erschienen (Frankfurt am Main & New York: Campus).
“Keine Experimente!” oder Faszination für experimentelle Lebensformen – zwischen wissenschaftlicher Objektivität, Krisenrhetorik und Kreativität steht das Experiment für widersprüchliche Konjunkturen. Bereits 1927 hatte der Philosoph John Dewey den Begriff des “demokratischen Experimentalismus” geprägt. Für ihn beruhte problemlösende Erkenntnis auf Erfahrungen, die aus Krisenmomenten hervorgehen. Dieses Buch fragt, welche Schlüsse aus Deweys Sozialphilosophie für die Gegenwart gezogen werden können. Dabei geht es zunächst einmal darum, die Soziologie selbst zu transformieren. Denn, so die Annahme, die bisherigen Konzepte sind nicht mehr in der Lage, die Herausforderung der Globalisierung und der neuen politischen Konflikte adäquat zu erfassen. Entgegen der tagespolitischen Rufe nach alten oder neuen Gewissheiten ruft es dazu auf, Ungewissheit nicht als lästiges Übel, sondern als produktiven Ausgangspunkt für neue gesellschaftspolitische Wissens- und Kooperationsformen zu verstehen.
Was aber sind die Voraussetzungen für gelingendes Zusammenleben und welchen Beitrag kann soziologisches Wissen dazu leisten? Während sich die klassische Soziologie vor allem an der Kritik an krisenhaften Auswüchsen der kapitalistischen Moderne abarbeitete, geht der soziologische Experimentalismus einen anderen Weg. Das Buch stellt die These auf, dass die Soziologie ihre gesellschaftliche Funktion, ihre interdisziplinäre Anschlussfähigkeit und ihr Interventionsspektrum im Kontext der aktuellen gesellschaftlichen Fragmentierungsprozesse neu bestimmen muss. „Soziologischer Experimentalismus”, verstanden als eine Umstellung des Faches von der Krisen- zur Erfahrungswissenschaft ist eine Antwort auf diese Herausforderung. Experiment und Erfahrung gehören zusammen. Als Erfahrungswissenschaft wird Soziologie damit zu einer Praxis, die Erfahrungen nicht nur beobachtet, sondern zur Voraussetzung jeder Art von Erkenntnis macht. Die Zukunft des soziologischen Experimentalismus liegt folglich in der Aufgabe, gesellschaftliche Missstände nicht nur zu kritisieren, sondern neuartige Laboratorien der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft zu entwickeln.
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