Wie kann die Entstehung transdisziplinärer Technikentwicklungsprojekte mit Blick auf den Einbezug ethischer, rechtlicher, sozialer und weiterer Aspekte integrativer gestaltet werden?
In öffentlich geförderten Technikentwicklungsprojekten, in denen innovative Anwendungen aktueller Leittechnologien wie Robotik oder KI entwickelt werden, ist es mittlerweile Usus, dass ethische, rechtliche und soziale Aspekte von Projektbeginn an aktiv einbezogen werden sollen. Zu diesem Zweck werden transdisziplinäre Verbünde gefördert, in denen Vertreter*innen aus unterschiedlichen technischen Disziplinen, Ethik, Recht, Sozialwissenschaften mit Unternehmen, Praxispartner*innen und potentiellen Anwender*innen zusammenarbeiten (vgl. Z.B. BMBF 2020, S. 18). Dieser integrative Forschungsmodus zur Governance von Innovationprozessen bietet viele Chancen. Gleichzeitig wirft er jedoch auch forschungspraktische, methodologische und wissenschaftspolitische Fragen auf, die mitunter Umsetzung der anspruchsvollen transdisziplinären Zusammenarbeit erschweren (vgl. Schikowitz und Maasen 2021, Gransche und Manzeschke 2019).
In diesem Kontext führt das BMBF Projekt ESTER eine kollaborative Intervention (Krainer & Lerchster 2012) zu der Genese integrativer Technikentwicklungsprojekte durch, deren Auftakt der vorliegende Workshop darstellt. Denn während mittlerweile einige Methodenvorschläge (z.B. Weber 2015, Manzeschke 2015) und Arbeiten zu konzeptuellen Problemen (vgl. Spindler et al. 2019) integrativer Technikentwicklung vorliegen, wurde die Bedeutung der Genese der Projekte für ihr Gelingen bisher kaum thematisiert. In der Entstehungsphase eines Projekts werden jedoch entscheidende Weichenstellungen für das Gelingen der Zusammenarbeit vorgenommen, an denen die Beteiligten im Projektverlauf nur noch wenig ändern können:
So haben Programmatiken und Förderformate der Fördergeber Einfluss auf die Konstitution des Forschungsgegenstandes, die Auswahl der Projektpartner*innen und den Zuschnitt des Arbeitsplanes. Auch die Intensität ihrer transdisziplinären Zusammenarbeit der Beteiligten in der Antragsphase wirkt sich auf die Ideenfindung und den Modus der Zusammenarbeit im Projektverlauf aus. Und der Zuschnitt des Begutachtungsprozesses ist entscheidend dafür, inwiefern integrative Forschungsansätze gefördert werden. Auch in der Literatur über Interund Transdisziplinarität wird eher am Rande erwähnt, wie entscheidend z. B. die Forschungsförderbedingungen (vgl. Fuest 2004), die Schaffung von Fakten in der Projektanlage (vgl. Bergmann et al. 2005: 23) und die “Organisierung” von Forschung (vgl. Fuest 2004: 18) sind.
In unserem Workshop möchten wir gemeinsam mit den Teilnehmenden kollaborativ erforschen, wie sich die Phase der Entstehung transdisziplinärer Technikentwicklungsprojekte gestaltet – vom Bekanntmachungstext, über den Prozess der Ideenfindung, Antragsstellung und Begutachtung bis hin zur Zusammenstellung der Arbeitsinhalten und Projektteams – und wie sich dies auf das Gelingen der Projekte und der Governance von Innovationsprozessen auswirkt. Im Mittelpunkt stehen dabei u.a. die folgenden Fragen:
- Wie und von wem wird der Forschungsgegenstand konstruiert? Welche Rolle spielen dabei gesellschaftliche, politische und wissenschaftliche Diskurse?
- Welche Anforderungen an Projekte werden durch Programme wie die Hightech Strategie 2025 gesetzt? Wie wirken sich diese auf die Projektarbeit aus?
- Wie, wann und von wem werden Erfolgs- und Qualitätskriterien formuliert? Wie gestalten sich die Akteurskonstellationen?
- Wer ist wie am Prozess der Projektentstehung beteiligt? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit in der Antragsphase?
- Wie geht der Begutachtungsprozess von Projektanträgen vonstatten?
Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen und Praxisfeldern die Genese integrativer Technikentwicklungsprojekte zu erforschen, den Teilnehmenden Raum zur Selbstreflexion und kollegialen Beratung zu bieten, und auch Veränderungsprozesse zu initiieren, indem wir explorativ alternative Vorgehensweisen entwerfen und erproben.
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